Nach ein paar erlebnisreichen Tagen auf der Eyre Peninsula hieß es nun für uns Abschied nehmen. Wir hatten ein neues Ziel vor Augen mit dem wunderbaren Namen Coober Pedy. Spannend klang, was wir bisher über die doch sehr eigentümliche Stadt gelesen und gehört hatten. Hier sollen Menschen aus über 40 verschiedenen Nationen zumeist unter der Erde leben, die sich allein der Opalsuche verschrieben haben. So ist über die Jahre hinweg an einem sonst menschenunwürdigen Ort die Opal-Welthauptstadt entstanden. Hier wird tagtäglich fleißig gebuddelt und geschürft, ständig auf der Suche nach dem wertvollsten Stein. Zudem war und ist Coober Pedy sowie die Umgebung mit seiner Mondlandschaft beliebter Schauplatz für zahlreiche Filme. Ein skurriles, unreales und spannendes Ziel, für das wir den kleinen Umweg von circa 1.000 km in das heiße und trockene Inland und wieder zurück gerne in Kauf genommen haben.
Nach einer Nacht auf einem Freecamper an einer alten Pumpstation zwischen den Sanddünen am Meer, kamen wir in Port Augusta an. Als letzte richtige Versorgungsstation konnten wir hier noch einmal günstig tanken und einkaufen. Port Augusta wird auch als die „Kreuzung Australiens“ bezeichnet, da von hier aus Highways und Bahnschienen in alle vier Himmelsrichtungen führen. Nach Westen über die Nullarbor Plain Richtung Westaustralien, nach Norden direkt durch das rote Zentrum bis hinauf nach Darwin, nach Süden Richtung Port Lincoln oder Adelaide (Hauptstadt von Südaustralien) und in den Osten Richtung Sydney. Um uns ein wenig mit der ariden Landschaft und der Wüsten-Flora und -Fauna hierzulande vertraut zu machen, statteten wir dem im Reiseführer angepriesenen Botanischen Garten einen Besuch ab. Vor allem der kostenlose Eintritt lockte uns. Die Sonne prasselte unermüdlich auf uns nieder, ein kleiner Vorgeschmack auf die folgenden Tage.
Noch am Nachmittag bogen wir ein auf den Stuart Highway Richtung Norden Australiens. Es stellte sich das selbe mulmige, kribbelige Gefühl wie vor einigen Tagen ein, als wir den Eyre Highway von West- nach Südaustralien befuhren.
Doch nun wollten wir das echte australische Outback kennen lernen, wenn auch nur in einem kleinen Ausschnitt. Denn mit sagenhaften 70 Prozent nimmt dieses dünn besiedelte und karge Gebiet das australische Festland ein. Bis auf ein aufgescheuchtes Emu, welches einige Zeit vor uns auf dem Highway entlang rannte, begegneten wir kaum einem Lebewesen. Wir fuhren an diesem Tag nicht allzu weit. Auf dem erstbesten Rastplatz parkten wir unser Auto unter einem Wellblechdach, um uns vor der Sonne zu schützen. Beim Abendessen genossen wir die spektakuläre Aussicht auf die Flinders Ranges, einen uralten Gebirgszug, der sich ungefähr 400 km von Port Augusta nördlich in das Inland erstreckt.
Am nächsten Tag fuhren wir weiter durch nahezu baumlose, hügelige und wasserfreie Landschaft. Ab und zu kamen wir an riesigen Salzseen vorbei, die im gleisenden Sonnenlicht flimmerten.
Adler flogen majestätisch am Himmel entlang auf der Suche nach etwas Essbarem. Meist sah man sie jedoch am Straßenrand, wo sie sich mit Raben und Falken am üppig vorhandenen Roadkill (tot gefahrene Tiere wie Kängurus am Highway) bedienten. Auch liegengebliebene Autos oder Unfallwagen im Busch zierten gelegentlich die Strecke und sorgten für Abwechslung.
An verschiedenen Aussichtspunkten machten wir halt und staunten über die unendlichen Weiten und so viel unberührte Natur. Bis auf den Highway mit den Raststätten sowie die gelegentlich auftauchenden kleinen Ortschaften, weist hier nichts auf menschliche Existenz hin. Etwas, das wir aus dem dicht besiedelten Europa kaum noch kennen. Lediglich ein grün weißer Aufkleber von Chemie Leipzig erinnerte in dieser Gegend noch an die Heimat.
Als wir in etwa ein Drittel der Strecke hinter uns gebracht haben, ließen wir es uns nicht nehmen, einen Zwischenstopp in Pimba einzulegen und für zwei AUD zu duschen. Die teure Tankstelle konnten wir auslassen, da unsere Tankfüllung sowie die Kanister glücklicherweise noch bis Cooper Pedy reichten. Ansonsten fuhren wir an dem Tag bis kurz vor unser Ziel, wo wir auf dem letzten Freecamper vor der Stadt unser Nachtlager aufschlugen.
Sobald wir das Auto verließen, stürzten sich Unmengen von Fliegen auf uns, um in jede Körperöffnung einzudringen. So macht das Kochen und Essen besonders viel Spaß! Zum Glück hatten wir noch unsere Fliegen-Netze zum Schutz für unsere Köpfe. Wir hatten die Stelle für uns allein und konnten einen beeindruckenden Sonnenuntergang beobachten, so wie es sie wohl nur im Outback gibt.
Schon bald passierten wir am nächsten Tag das sehenswerte Ortseingangsschild von Coober Pedy, auf dem eine Fördermaschine prangt.
In etwa dreiviertel des weltweiten Vorkommens an weißen Opalen kommt aus dieser Gegend. Und das sieht man bereits Kilometer vor der Stadt. Eine einzige Maulwurfshügellandschaft zeugt von den ganzen Ausschachtungen – über eine Million sollen es bereits sein. Jeder kann seinen persönlichen Bereich beantragen und abstecken lassen, in dem er sein Glück unter Tage versuchen kann.
Wer einen dieser wertvollen Steine erwerben will, ist hier genau richtig. Es gibt zahlreiche Juweliere und Läden, in denen man sein Geld los werden kann. Für uns kam ein solch kostspieliges Souvenir leider nicht infrage, statt dessen wurden es „nur“ zwei Emaille Tassen aus dem Visitor Centre.
Neben den ganzen Erdhaufen liegt jede Menge Schrott, Reifen und alte Fahrzeuge in der Gegend herum. Schatten sucht man hier vergebens, es ist staubig, trocken und die Sonne scheint erbarmungslos auf alles nieder. Da können die Thermometer tagsüber auch schon mal die 50 Grad-Marke knacken. Kein Wunder, warum die Mehrheit der Einwohner unter der Erde lebt in sogenannten dugouts (Wohnhöhlen). Denn in den Räumen steigen die Temperaturen nicht über 24 Grad Celsius. Dadurch ergibt die Bedeutung von kupa piti (Aborigine Sprache: weißer Mann im Loch), wovon sich Coober Pedy ableitet, einen näheren Sinn. Regelmäßig auftretende Sandstürme erschweren zudem das Leben der etwa 3000 Einwohner. Ob so in etwa die Vorhölle aussieht? Besonders sehenswert ist Coober Pedy auf jeden Fall nicht aber dafür einzigartig.
Wir buchten uns ein paar Kilometer vor der Stadt für die folgenden zwei Nächte bei Riba’s Campground einen kleinen oberirdischen Stellplatz – leider ohne Schatten. Dafür war hier die Dusche mit im Preis inbegriffen, was in dieser trockenen Gegend nicht selbstverständlich ist. Am Abend nahmen wir an einer Führung in eine Opal-Mine teil, die direkt vor Ort von den Betreibern des Campingplatzes mit angeboten wurde. Leider verstanden wir nicht allzu viel. Interessant war es trotzdem für uns zu sehen, wie es unter der Erde in so einem Schacht ausschaut.
Weiterhin auf dem Kultur-Programm standen der Besuch von zwei unterirdischen Kirchen, einem Museum, dem Visitor Information Centre, einem Aborigine Atelier mit Känguru-Auffangstation, dem Raumschiff aus dem Film „Pitch Black – Planet der Finsternis“ und einer Wohnhöhle. Letzteres hatte den Namen „Faye’s Underground Home“ und wurde als absolutes must see angepriesen. Für den Bau der Wohnung, welche in den 60igern per Hand in den Fels gegraben wurde, benötigten drei tatkräftige Damen mehr als 10 Jahre. Eine beeindruckende Leistung und eine liebevolle Einrichtung, für denen sich der Besuch gelohnt hat.
Auch einfach nur mit dem Auto durch die Wohngegenden zu fahren oder den Blick von einem Hügel auf das bizarre Stadtbild schweifen zu lassen, stellte bereits ein Highlight dar. Bei einer Tasse Kaffee und einer super leckeren Waffel (optisch jedoch nicht sehr ansprechend) lernten wir auch zwei waschechte Mienenarbeiter kennen und lauschten ihren spannenden Geschichten. Nebenbei betreiben sie das kleine Café „Waffles and Gems“, in dem auch ihre Fundstücke zum Verkauf angeboten werden. Schaut hier unbedingt mal vorbei und gönnt euch eine Waffel. Die beiden leben bereits über 30 Jahre hier in dieser trostlosen Gegend. Die Aussicht auf das große Geld hat sie damals aus Europa hier her gelockt und seit dem schürfen sie was das Zeug hält. Die harte Arbeit unter Tage und die menschenunwürdigen Bedingungen haben bereits sichtbar tiefe Spuren hinterlassen.
Um noch ein wenig von der Umgebung kennen zu lernen, besorgten wir uns im Visitor Centre ein sogenanntes Permit – eine Genehmigung – denn der Kanku-Breakaways-Conservation-Park ist ein Gebiet der Antakirinja Matuntjara Yankunytjatjara Ureinwohner. Das außergewöhnliche und farbenfrohe Breakaways Reserve befindet sich circa 33 km nördlich von Coober Pedy. Über eine vom Highway abgehende unbefestigte Straße gelangten wir zu dem Wüsten-Hochland-Plateau mit seinen grandiosen Aussichtspunkten. Die einzigartige Schönheit des australischen Outbacks lag vor unseren Füßen und diese unglaubliche Weite und Stille verschlug uns mal wieder den Atem.
Nur schwer konnten wir uns vorstellen, dass genau hier, in einer der trockensten Regionen, vor vielen Millionen Jahren mal ein riesiger See gewesen sein soll. Die Sandsteinerhebungen waren zu der Zeit Inseln und erstrahlen heute in orangnen, roten, weißen und grünen Farben.
Unser Weg führte uns ein Stück weiter auf dem 70 km langen Dog Fence Scenic Tourist Drive entlang, für den allerdings ein Allradfahrzeug empfohlen wird. Unser nächstes Ziel war der sogenannte Dog oder Dingo Fence, ein circa 5.600 km langer Maschendrahtzaun.
Er wurde 1948 – 1950 errichtet und beginnt beim Surfer’s Paradise in Queensland, führt durch das nördliche Outback von New South Wales und endet an der Küste der Great Australian Bight in Yalanta. Der Zaun wurde errichtet, um die Schafweiden im Süden vor Dingos und Füchsen zu schützen. Es handelt sich tatsächlich um das längste, durchgängige Bauwerk der Welt! Hier entlang des Dingozauns ist die Landschaft besonders monoton und karg. Auf dem rotbraunem und schwarzgrauem Boden wächst kein Busch und Baum, außer es hat doch einmal geregnet. Deshalb hat dieses Gebiet auch den passenden Namen „Moon Plain“ (Mondlandschaft) von den Einheimischen bekommen.
Diese skurrile Landschaft eignet sich hervorragend für besondere Fotoaufnahmen und diente bereits zahlreichen Blockbustern wie Mad Max – Hinter der Donnerkuppel, Priscilla – Königin der Wüste oder Pitch Black als Filmkulisse.
Pünktlich zum Sonnenuntergang fanden wir uns mit einigen anderen am Breakaways Lookout ein. Die Hügel, die tagsüber schon unsere Blicke auf sich zogen, erstrahlten nun in noch viel intensiveren Farben.
Der Himmel zeigte sich in verschiedenen Pastelltönen und die Sonne verschwand leider viel zu schnell am Horizont, hinterließ jedoch einen bleibenden Eindruck bei uns. Ein Highlight, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte, wenn man in der Gegend ist. Noch völlig berauscht von dem Farbspiel fuhren wir zurück nach Coober Pedy, wo wir noch eine weitere Nacht verbrachten, bevor wir wieder zurück Richtung Küste fuhren.