Unsere Zeit in Kambodscha ging nun dem Ende entgegen und wir freuten uns schon auf die bevorstehende Zeit. Die nächsten zwei Wochen werden wir zu dritt mit Janines Bruder die südliche Inselwelt von Thailand unsicher machen. Mit dem Bus ging es für uns ein weiteres Mal über eine Grenze zurück in das Königreich. Im Gegensatz zu den anderen Grenzübergängen herrschte hier ein geschäftiges Treiben. Lange Wartezeiten an den Grenzschaltern gehören zur Tagesordnung. Neben den Touristenströmen werden hier massenweise Waren transportiert und Handel betrieben. Wir konnten erneut für 30 Tage kostenlos in das Land einreisen. Durch das Gedränge hindurchgeschafft, ging es für uns mal wieder Richtung Bangkok.
Unser Bus hielt in der Nähe unseres Hotels, sodass wir zu Fuß hinlaufen konnten. Für zwei Nächte hatten wir ein Zimmer in einer Seitengasse direkt bei der Khao San Road gebucht. Die Lage war das einzig Gute daran, wie wir schnell feststellen mussten. Der Lärm der pulsierenden Metropole Bangkoks konnte hier ungehindert durch die Pappwände dringen. Die Größe des Zimmers belief sich auf etwas mehr als die Maße des Bettes. Vor die Plastikscheiben, die den Namen Fenster nicht verdient haben, wurden staubige Bettlaken gehängt. Die Klapptür ließ sich zwar mit einem Schloss sichern, hätte man aber einfach, wenn man wollte, aus den Angeln reißen können. Die Wand darüber ging nicht bis zur Decke, sodass durch die Öffnung das Licht aus dem Flur, das die ganze Nacht schien, in den Raum drang. Es gab ein Gemeinschaftsbad, wo wundersamer Weise Wasser aus den alten Rohren kam. Hier schienen schon einige Backpacker vor uns ein und aus gegangen zu sein und ihre Spuren hinterlassen zu haben. Aber wir gewöhnten uns auch daran und kamen schließlich eh nur zum Schlafen her. Außerdem gehört das zum Leben als Rucksacktourist mit einem geringen Tagesbudget dazu und irgendwie auch zu Bangkok (siehe der Film „The Beach“).
Nun hieß es erstmal Sachen ablegen und raus auf die Khao San Road. Hier trafen wir wie verabredet auf Janines Bruder, der bereits seit ein paar Tagen in der Stadt war. Es gab viel zu erzählen und die Freude war sehr groß. Wir machten den Fehler, bei uns in der Gasse vor unserer Unterkunft etwas zu essen. Das Pad Thai, was wir schon unzählige Male vorher gegessen hatten, war ein Reinfall. Wir ließen das Essen stehen und verleibten uns bei Mc Donalds Burger ein. Manchmal siegt der Appetit nach etwas Westlichem.
Wir versackten auf der Khao San Road und gaben uns den nächtlichen Wahnsinn hin. Denn jeden Abend verwandelt sich die Straße in eine Partymeile und Leute aus aller Welt feiern hier friedlich zusammen. Eine Kneipe an der anderen verkauft günstig eimerweise Alkohol und man versucht sich gegenseitig mit lauter Musik zu überschallen. Wir stiegen in einer Bar ab, wo wir das erste mal seit unserer Reise das Nachtleben auskosteten – denn der große Bruder gab sogleich mehrere Runden aus. Nach und nach fielen die Hemmungen und Patrick ließ sich schließlich dazu hinreißen, mit einer anderen Deutschen einen Skorpion zu teilen. Wir knabberten alle mal dran und stellten fest, dass es nicht zu unserer Lieblingsspeise wird. Vom Geschmack etwas salzig und sehr trocken. Patrick fand auch seine Freude am Handeln und feilschte nach und nach mit den umherziehenden Verkäuferinnen um allen möglichen Spittel. Am Ende waren wir mal wieder um einen Hut reicher. Wir tanzten und lachten unbeschwert zu den wummernden Bässen und schlossen neue kurzweilige Bekanntschaften. Es war eine verrückte Nacht, die uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird und einen vielversprechenden Einstieg für die bevorstehende Zeit gegeben hat.
Ausgenüchtert und hungrig trafen wir uns am nächsten Morgen zum Frühstück in einer kleinen Kneipe, in der mein Bruder bereits in vorherigen Bangkok-Besuchen positive Erfahrungen gesammelt hatte. Die Bedienung ist eine Besonderheit für sich und allein dafür hat sich der Besuch schon gelohnt. Mein Bruder gab noch seine nächtliche Odyssee durch Bangkok’s Straßen zum Besten. Auf dem Weg zum Hotel, welches zu Fuß zu erreichen ist, hat er sich verlaufen. Deshalb musste er ein Taxi nehmen. Unterwegs traf er noch auf einen Ladyboy, den er abwimmeln musste.
Nach einem ausgiebigen englischen Frühstück machten wir uns auf den Weg nach Chinatown, was wir bei unserem letzten Mal leider nicht geschafft hatten, uns anzuschauen. Wir fuhren mit dem Boot zu dem Stadtteil, die stressfreie und günstige Variante der Fortbewegung. Chinatown muss man gesehen haben! Wir schoben uns mit zahlreichen anderen Besuchern durch enge wuselige Gassen. Gelegentlich quetschte sich dadurch noch ein Roller oder sogar Auto. Die Läden und Stände waren vollgestopft mit massenweise glitzrigem, buntem Krimskrams. Da es bereits Dezember war, gab es überall kitschige Weihnachtsdeko. Es war eine pure Reizüberflutung. Man konnte sich endlos durch die Gassen treiben lassen, doch irgendwann wiederholte sich alles nur noch. Wir fanden schließlich den Weg hinaus und kamen auf eine große Hauptverkehrsstraße, wo alles mit chinesischen Werbeschildern zugepflastert war. Hier gab es weitere interessante Geschäfte wie etwa Apotheken mit traditioneller chinesischer Medizin oder Juweliere, die voll mit Goldschmuck und Chinesen waren.
Als nächstes Ziel stand der Bahnhof Hua Lamphong an, wo wir unsere Zugtickets für den nächsten Tag kaufen wollten. Wir verglichen zunächst die Angebote, um nicht übers Ohr gehauen zu werden. Leider waren die Nachtzüge mit den Schlafwaggons schon ausgebucht. Somit buchten wir eine normale Nachtfahrt im Sitz mit anschließendem Shuttlebus zum Pier und Fährfahrt zu der Insel Koh Tao.
Spontan entschieden wir uns an dem Abend ins Rajadamnern Stadion zu gehen und uns waschechte Muay Thai Kämpfe (Thaiboxen) anzuschauen – den Nationalsport in Thailand. Die Tuk-Tuk-Fahrer vor dem Bahnhof waren uns keine große Hilfe, da sie uns nicht fahren wollten, ohne uns gleich überteuerte Tickets mit anzudrehen. Somit griffen wir wieder auf das Taxi zurück und bekamen eine rasante Fahrt durch Bangkok geboten. Uns wurde gute Unterhaltung über mehrere Stunden geboten und wir bekamen viele Kämpfe zu sehen. Nach und nach füllte sich auch das Stadion und die Stimmung stieg. Die Thais schließen gerne Wetten ab und feuerten lautstark ihre Stars an. Einen K.O.-Sieg gab es für uns zu sehen und gelegentlich ging es auch ganz schön zur Sache. Eine besondere Stimmung verliehen die rhythmische Musik namens Sarama, welche die Kämpfe begleitete, sowie traditioneller Schmuck und rituelle Tänze. Da wir nur unsere kurzen Sachen an hatten, begannen wir ganz schön auszukühlen. Die Klimaanlage leistete volle Arbeit und im Stadion herrschten eisige Temperaturen, sodass es mit der Zeit ungemütlich wurde. Draußen konnten wir uns wieder aufwärmen bei einem nächtlichen Spaziergang bis zur Unterkunft.
Den nächsten Tag ließen wir wieder mit einem Frühstück in dem selben Café wie am Vortag beginnen. Danach brachten wir unsere Rucksäcke mit zu meinem Bruder ins Hotel, wo wir alles in der Hotellobby unterbringen konnten. Wir wollten uns heute noch den buddhistischen Tempel Wat Saket anschauen (Tempel des goldenen Berges), der auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel gelegen ist. Es führt eine Treppe mit 318 Stufen hinauf zu einem beschaulichen Ort, von wo aus wir einen wunderbaren Blick über die Stadt hatten. Wir verbrachten hier ein wenig Zeit und ließen die Umgebung auf uns wirken.
Da im Anschluss noch etwas Zeit war, bis unser Zug abfuhr, aßen wir in einer gemütlichen Straßen-Küche einen Happen und steuerten spontan noch einen Frisör an. Der Besitzer und seine Frau verstanden etwas von ihrem Handwerk und für etwa 5 Euro pro Person ließen wir uns neue Haarschnitte verpassen. Bei der Auswahl der Frisur brauchten wir nur auf eines der vielen Fotos an der Wand zeigen. Männer werden von Männern und Frauen von Frauen die Haare geschnitten. Die beiden gaben sich richtig Mühe und begeistert verließen wir den Laden.
In der Hotellobby quatschten wir noch mit einem älteren holländischen Pärchen, bis wir uns mit dem Taxi auf den Weg zum Bahnhof machten. Für uns hieß es nun endgültig Abschied nehmen von Bangkok (vorerst), mein Bruder sollte am Ende seines Urlaubs noch einmal hier her zurück kehren. Uns stand eine eisige Nacht im Zug bevor, denn auch hier herrschten Temperaturen wie in der Tiefkühl-Abteilung. Wenigstens wurden Decken verteilt, die aber der Kälte nur wenig stand hielten – nicht gerade förderlich für die Erkältung meines Bruders. Doch irgendwie brachten wir die Nacht rum und etwas müde kamen wir am Morgen im Süden an.