AC/DC – „Highway to Hell“, jeder kennt es, jeder feiert es. Auf der ganzen Welt wird dieser Song in Rockclubs hoch und runter gespielt. Doch die wenigsten kennen die „Autobahn zur Hölle“. So besteht doch ein Reiz, Satan den Allmächtigen höchstpersönlich zu treffen. Wohlwissend, dass es völliger Quatsch ist. Es gibt dieses einsame Fleckchen Erde mit dem ewig langen Eyre Highway – die Nullarbor Plain. Er verbindet die zwei Kleinstädte Norseman und Ceduna und dazwischen liegen kleine Orte – Cocklebiddy ist einer davon. Die Orte am Eyre Highway bestehen oft aus einem Roadhouse mit einer Tankstelle, einem Motel oder Campingplatz und sogar einem Spielplatz bzw. Golfplatz. Im Roadhouse selbst gibt es Snacks und Erfrischungsgetränke, außerdem Eis und diversen Roadhouse-Stuff. Auch gibt es ab und zu gegen ein paar Dollar eine Dusche, um den Staub und Schweiß herunter zu waschen.
Bis wir Ceduna erreicht hatten, waren es NUR 1.202 km zu fahren. Die längste Ausdehnung vom nördlichsten bis zum südlichsten Punkt Deutschlands beträgt dagegen gerade einmal 876 km. Die Mannen um Angus und Malcom Young fuhren damals auf ihrer Tour von Ost nach West genau in die entgegengesetzte Richtung zu uns. Die am Horizont untergehende Sonne empfanden sie wohl so beeindruckend, dass sie sie als Eingang zur Hölle wahrnahmen. Vielleicht hatte aber auch die Länge der Strecke und die Drogen ihr Gehirn aufgeweicht. Heraus kam jedoch ein Welthit.
Jeder gute Roadtrip hat ein Anfang und ein Ende. Im Falle Australiens kann dieser auch schon mal etwas länger werden. Deckt euch auf jeden Fall mit genügend Lebensmitteln und Trinkwasser ein. Wenn ihr den einen oder anderen Dollar sparen wollt, eignen sich auch Kraftstoffkanister bestens für eine lange Fahrt wie diese. Der Grund dafür sind die Preisunterschiede zu den größeren Orten Norseman und Ceduna. In den Roadhäusern der Nullarbor Plain werden nicht viele Lebensmittel angeboten und der Spritpreis treibt einem die Tränen in die Augen. Auch haben wir im Visitor Centre in Norseman eine kostenlose Dusche mitgenommen. Das kann ich euch nur wärmstens empfehlen. Zusätzlich kann euch eine Campingdusche Freude bereiten.
Nach ungefähr 83 km hielten wir an einem kostenlosen Campingplatz an. Auf der Karte wurde uns ein kleiner See angezeigt, aber dort war kein Tropfen Wasser vorzufinden. Die Trockenheit beherrscht die Gegend und die Sonnenuntergänge beeindruckten uns. Wir verstanden nun was die Band AC/DC gespürt hatte. Wir genossen unsere erste Nacht im Outback und wie es nun mal so kommen sollte passierte etwas Unvorhergesehenes.
Am Morgen des nächsten Tages flog beim Öffnen des Kofferraums unser 20l Kanister mit Trinkwasser auf einen spitzen Stein. Zudem ging dabei noch unsere Abwaschschüssel kaputt. Mit einem Loch im Kanister konnten wir definitiv nicht weiterfahren, also ging es wieder zurück. In Norseman angekommen, kauften wir uns zwei 10l Kanister zu einem exorbitant hohen Preis und der Trip startete auf ein Neues. Jedoch hatten wir jetzt schon durch das hin und her rund 240 km zurückgelegt. Schnell wurde die Fahrt monoton, da zwischen den Roadhäusern annähernd alles gleich aussah. Eine abwechslungsreiche musikalische Playlist und ein Gesprächspartner verhinderten Langeweile und Müdigkeit beim Fahren ein wenig.
Als es nicht mehr schlimmer werden konnte, bekamen wir es mit der längsten völlig geradlinig verlaufenden Straße Australiens zu tun. Diese Straße mit ihren 90 Miles oder 146,6 km sorgte für noch mehr Monotonie und wir hatten nicht das Gefühl, uns bei konstanten 90 km/h von der Stelle zu bewegen. Zu dem bemerkten wir den Unterschied zwischen „normaler kurvenreicher Straße“ und der völlig geradlinigen Straßenführung nicht allzu stark. Die ein oder andere Pause half, Müdigkeit und Schmerzen vom vielen Sitzen vorzubeugen. Ein Tempomat kann in so einer Situation schon wahre Wunder bewirken, also Augen auf beim Autokauf. Ansonsten erschienen Bilder vor meinem geistigen Auge, wie es wohl wäre, einen Stein auf das Gaspedal zu legen – welch schöne Vorstellung.
Jetzt könnte man sagen: „Es sieht alles gleich aus“, aber ganz so trivial ist es nicht. Die Landschaft in der Nullarbor Plain ist vielseitig und die unendliche Weite fasziniert jeden Reisenden. Mit 200.000 Quadratkilometern ist die Karstwüste das größte Stück Kalkstein der Welt. Doch steht der Begriff „Karstwüste“ ganz im Gegensatz zu dem, was wir vorgefunden hatten. In der ariden und semiariden Zone gibt es auch Bäume und Sträucher. Man erfährt des Öfteren einen Wechsel zwischen kahlen und baumbewachsenen Gebieten.
Jedoch begegneten uns am Anfang noch Regionen mit sehr vielen Bäumen, die sich aber von Kilometer zu Kilometer zu kleinen Sträuchern entwickelten, bis irgendwann streckenweise gar nichts mehr da war. Im Süden schließt die Ebene mit der Küste an der Großen Australischen Bucht ab. Teilweise sind dort 60m hohe Klippen zu finden, aber auch am Strand liegen ist an manchen Stellen möglich. Aussichtspunkte an der Klippenküste, übrigens die längste ununterbrochene der Welt, ermöglichen einen wunderschönen Ausblick auf die Bucht. Wir hatten das Glück und konnten sogar Delfine beobachten.
Mit der Zeit stellte sich bei unserem Roadtrip dieses wunderbare Gefühl von Freiheit ein. Gemäß dem Motto „der Weg ist das Ziel“, ging es meistens gerade aus dem Horizont entgegen. Auf dem Highway begegneten wir trotz der endlosen Weite immer wieder entgegenkommenden Fahrzeugen. Sei es der typische „Grey Nomad“, australischer Begriff für die ältere Generation, die zumeist mit einem vollausgestatteten Wohnmobil/ SUV und Caravan unterwegs sind oder die riesig langen Roadtrains (Lastwagen mit besonders großen Lastzug). Es gab keine längeren Streckenabschnitte ohne Gegenverkehr und trotzdem grüßte man die entgegenkommenden Fahrzeuge. Besonders verrückt waren auch einige Menschen, die mit dem Fahrrad in der bedingungslosen Sonne den Eyre Highway abstrampelten.
Parallel zum Highway verläuft die Zugstrecke des Indian Pacific, kurz „IP“. Dieser Zug bringt euch in vier Tagen von Ost nach West und umgekehrt. Die 4.000 km lange Strecke verbindet Sydney mit Perth. Zu dem durchquert man auch die mit 478 km längste geradlinige Zugstrecke stur geradeaus.
Zur Abwechslung trugen auch noch einige Tiere am Straßenrand bei, die aber keinesfalls vor Lebendigkeit strahlten. Oftmals, wenn das Fenster vom Van offen war, strömte ein stark fauliger und verwesender Geruch hinein. Dann hieß es nur schnell die Luft anhalten. Erfreulicher Weise begegneten uns aber auch ab und zu lebende Exemplare. Das wohl schillerndste Tier war ein weißer Dingo, der durch die Sonne unreal erstrahlte und sich auffällig vom rötlichen Hintergrund abgehoben hatte. Leider ging es zu schnell und wir konnten kein Foto schießen.
Auf unserer bisherigen Australien-Reise mussten wir feststellen, dass die Australier einen starken Hang zum Golf haben. Dies und die Tatsache, dass Australien unglaublich riesige ungenutzte Flächen zur Verfügung hat, ist der Grund, warum es in der Nullarbor Plain den größten Golfplatz der Welt gibt. Mit 18 Löchern auf 1.365m Strecke bekommt man hin und wieder die Möglichkeit das Eisen auszupacken. In zwei Jahren wurden die einzelnen Spielbahnen bei den Roadhäusern und Richtung Kalgoorlie gebaut, die jeden gelangweilten Fahrer eine Oase der Ablenkung bieten sollen.
Im Gegensatz zu Golfplätzen gibt es noch mehr Campingplätze – natürlich kostenlos versteht sich. Einfach mal die App „Wikicamps“ angeworfen und es entpuppt sich jeder Landstrich als Übernachtungsmöglichkeit. Vorausgesetzt man möchte nicht in einer „luxuriöseren“ Unterkunft die Nacht verbringen. Denn Toiletten sucht man hier vergebens. Ansonsten gibt es auch bei den Roadhäusern Möglichkeiten für anspruchsvollere Reisende mit einem entsprechenden Geldbeutel. Wir zogen die abgelegenen Campgrounds vor, zu mal hier meist absolute Stille zu finden war. Jetzt noch unseren Van als Wind- und Sonnenschutz geparkt und die Kochstelle war angerichtet. Ein Kopfnetz hatten wir zum Glück auch dabei, denn meistens stürzten sich hunderte Fliegen auf uns, die dabei versuchten in jede mögliche Körperöffnung vorzudringen. Dagegen hatten wir schon andere Camper gesehen, die sich davon nicht stören ließen – doch waren dies meistens Australier.
In Eucla, direkt vor der Grenze zu Südaustralien, übernachteten wir zwischen Sanddünen in der Nähe vom Strand. Auf den Dünen lassen sich blutrote Sonnenuntergänge genießen. Auch kann man die Überreste einer historischen Telegrafen-Station anschauen und am Meer entlang schlendern. Jedoch mussten wir dabei ständig in Bewegung bleiben, um nicht vollständig von Fliegen bedeckt zu werden.
Ja ihr lest genau richtig, innerhalb Australiens gibt es Grenzkontrollen und die haben auch ihren Zweck. Der Gedanke dabei ist nicht den Touristen die Lebensmittel wegzunehmen sondern weitreichende negative Folgen für die Umwelt zu vermeiden. Bei der Einreise nach Süd- bzw. Westaustralien müssen bestimmte Lebensmittel an der Grenze oder auch schon vorher aufgebraucht oder entsorgt werden. Beide Staaten, sowohl West- als auch Südaustralien, möchten eine Verbreitung von Fruchtfliegen und anderen Schädlingen vermeiden.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei besonders auf unbehandeltes Obst und Gemüse. Des Weiteren können Zwiebeln, Samen, Nüsse und Honig zum Problem werden. Am besten informiert ihr euch in den Orten vor der Grenze bevor es zu bösen Überraschungen kommt. An der Grenze selbst könnt ihr auch die Lebensmittel entsorgen. Für den versuchten Schmuggel fallen auf der Stelle hohe Strafgebühren an. Die Grenzbeamten haben in unserem Fall das Auto nur oberflächlich untersucht. An dieser Stelle sei gesagt, dass es mit in eurer Verantwortung liegt, das Risiko einer Gefährdung der dortigen Flora und Fauna in den jeweiligen Staaten so gering wie möglich zu halten. Augenscheinlich kann die Mitnahme von Nüssen harmlos wirken. In Wirklichkeit solltet ihr einfach die Regeln respektieren, denn Experten wissen meist besser, welche ökologischen Folgen auftreten können.
Nach tagelanger Fahrt durch verschiedene Zeitzonen und wechselnder Vegetation endete unser Roadtrip in dem netten Örtchen Ceduna. Nach der Ankunft machte sich bei uns ein Glücksgefühl breit. Wir haben die Nullarbor Plain geschafft und sind wieder in der Zivilisation angekommen! Wir bekamen mehr Menschen zu sehen und der Supermarkt war auch gleich um die Ecke. In der Nähe der kleinen Einkaufsmöglichkeit dröhnte aus Lautsprechern Rockmusik aus vorherigen Jahrzehnten. Dazu vegetierten Aborigines, die Ureinwohner Australiens, antriebslos am Straßenrand. Dadurch hatte das kleine Städtchen einen besonderen Flair, den wir nicht beschreiben können. Jedoch fühlten wir uns in eine andere Zeit zurückversetzt. Ein guter erster Tag in Südaustralien.