Unser nächstes Ziel hieß Esperance, die letzte größere Stadt, bevor es für uns weiter über die Nullarbor Plane Richtung Südaustralien geht. Der Ort befindet sich an der Bay of Isles (105 Inseln) und ist umgeben von schneeweißen Stränden und aquamarinblauen Meer. Zu ihrem Namen kam die Stadt 1792 durch die zwei Schiffe Recherche und Espérance, die hier in der Bucht Schutz vor einem Sturm suchten. Das Städtchen Esperance an sich war für uns weniger spektakulär. Wir nutzten es zum Einkaufen, schauten uns die wie ausgestorbene Promenade mit dem Strand an und wollten einen Kaffee im laut Reiseführer so angesagten mobilen Coffee-Cat-Wohnwagen probieren. Leider fanden wir dieses nicht am beschriebenen Platz in einem kleinem Park vor. Also zogen wir weiter und fuhren etwas südöstlich, um einen der Nationalparks anzusteuern.
Für die Nacht haben wir uns einen Freecamper direkt am Strand im Cape Le Grand National Park herausgesucht. Der Weg dorthin führte zunächst ein ganzes Stück über eine sogenannte Gravel-Road, wo wir auch das erste Mal so richtig in den Genuss dieser kamen. Es handelt sich dabei um eine ungeteerte Straße, die die so unbeliebten Querrillen aufweist. Diese Art von Straßen findet man in Australien sehr oft, vor allem in abgelegenen Gegenden und weniger touristischen Nationalparks. Durch Wind und Wetter entstehen mit der Zeit kleine Bodenrillen, die einem jegliches Fahrvergnügen vermiesen. Außerdem stiebt es ungemein, vor allem wenn jemand entgegengedüst kommt. Mit 20km/h holperten wir über den Weg und wurden ordentlich durchgerüttelt. An manchen Stellen wurde es so schlimm, dass sich das Wackeln regelrecht aufschaukelte, sodass wir zeitweise die Kontrolle über unser Auto verloren und sogar das Lenkrad blockierte. Es fühlt und hört sich an, als wenn das Auto jeden Moment auseinanderfliegt. Erst später unserer Reise sollten wir mitbekommen, dass man wesentlich schneller über Gravel-Roads fährt. Denn ab einer gewissen Geschwindigkeit – diese liegt etwa bei 80km/h – gleitet das Auto über die Rillen, Löcher und Steine, wodurch es nicht mehr so stark rumpelt. Es kostet nur einiges an Überwindung, Übung und Konzentration.
Gelegentlich sahen wir unterwegs einige eigenartig aussehende schwarze und breite Echsen langsam über die Fahrbahn kriechen. Das Besondere an der sogenannte Tannenzapfenechse ist, dass ihr dicker Schwanzteil dem Kopf in Form und Größe ähnelt. Hier speichert die Echse Nährstoffe ähnlich wie ein Kamel in dessen Höckern und kann daher auch in den trockensten Gebieten eine ganze Weile ohne Nahrung und Wasser überleben. Diese nicht gerade sehr agilen Tierchen genehmigen sich häufiger nach einer kühlen Nacht ein Sonnenbad auf der Straße, was ihnen leider des Öfteren zum Verhängnis wird.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir endlich bei Sanddünen an. Nun machten wir von unserem 4WD (Allradantrieb) Gebrauch und fuhren das letzte Stück durch den Sand, um zum Strand zu gelangen. Der Sand in dieser Region ist dabei so fein und kompakt, das man kaum einsinkt und diesen wahrscheinlich sogar mit normalen PKWs befahren könnte. Wir waren fast allein, nur in der Ferne konnten wir ein paar andere Autos, wahrscheinlich Angler, ausmachen. Ein kilometerweiter weißer Sandstrand, der unter unseren Füßen quietschte. Es erinnert an das Geräusch von Schnee, wenn man darüber läuft.
Wir parkten etwas geschützt zwischen den Sanddünen und richteten uns für die Nacht ein. Der Wind wehte uns um die Ohren und wir atmeten tief die frische Meeresbrise ein. Bei einem Gläschen edlen Wein, den wir von einem Weingut bekommen hatten, und einem Salat genossen wir den Sonnenuntergang. Als es Dunkel wurde und somit abkühlte, legten wir uns in unseren Van und lauschten dem Rauschen des Meeres, das uns sanft in den Schlaf gleiten ließ.
In der Nacht wurden wir jedoch unsanft aus dem Schlaf gerissen. Patrick schreckte auf, da er von etwas, dass über seine Bettdecke rannte, geweckt wurde. Wahrscheinlich nur ein Traum, dachten wir uns und schliefen wieder ein. Doch durch Geräusche wie Rascheln und Knistern, die von den Vordersitzen stammten, wurden wir abermals wach. So langsam vermuteten wir ein kleines Tier, welches in unseren Van eingedrungen war und sich nun über unsere Vorräte hermachte. Der Eindringling zeigte sich uns die Nacht nicht, sodass wir keinen Schimmer hatten, mit was wir es zu tun hatten. Am nächsten Morgen bestätigten sich unsere Vermutungen, da wir Löcher in Verpackungen und kleine Bissstellen am Essen vorfanden. Mit einem weiteren Fahrgast im Gepäck ging ab nun die Reise weiter.
Nach einem entspanntem Frühstück mit Ausblick auf das tosende Meer fuhren wir wieder zurück. Unser nächstes Ziel hieß Lucky Bay (Glückliche Bucht), ein äußerst bekanntes und beliebtes Ausflugsziel, welches ebenfalls im Cape Le Grand National Park gelegen ist. Eine Besonderheit sind hier die zutraulichen Kängurus, auf die man direkt am Strand trifft. Die perfekte Bucht, von der wir schon einiges gelesen und gehört hatten, tauchte auf einmal vor uns auf und schien dabei so unwirklich. Unglaublich leuchtend blaues Wasser und ein strahlend weißer Strand in einer wilden naturbelassenen Kulisse. Es gibt hier einen etwas oberhalb liegenden Campingplatz, auf den wir uns für zunächst eine Nacht einquartierten. Schnell waren wir uns aber einig, dass wir noch um eine weitere verlängern wollten. Von hier aus hatten wir auch einen wunderbaren Blick auf die Bucht. Direkt vom Campingplatz aus führt ein Wanderweg entlang der Küste und bietet grandiose Ausblicke.
Der breite Sandstrand kann auch mit Autos befahren werden. Wie in Westaustralien üblich ist es auch hier ganz schön windig und wellig. Zum Baden lud das kühle Wasser uns daher nicht ein aber ein paar Wagemutige sahen wir trotzdem hinein springen. Wenn auch nur kurz. Es waren auch einige Kite-Surfer im Wasser, welche sich den Wind zu Nutze machten.
Es dauerte nicht lange und wir entdeckten bei unserem Strandspaziergang ein paar der berühmten Kängurus faul im Sand im Schatten eines parkenden Wagens liegen. Natürlich erregten sie auch die Aufmerksamkeit von anderen Leuten und waren ein beliebtes Foto-Motiv. Alle hielten Abstand und ließen die Tiere in Ruhe. Als dann jedoch ein kleiner PKW angefahren kam, aus dem sieben Asiaten ausstiegen und schreiend auf diese zu rannten, suchten sie allerdings das Weite. Es gibt noch einen sehr schönen Aussichtspunkt, den wir ansteuerten. Der Blick auf die kilometerlange Bucht, der sich uns von hier aus bot, war spektakulär. Auf dem Rückweg begegneten wir auf dem Parkplatz noch einer Kängurumutti mit ihrem Kleinen. Unsere erste nähere Begegnung mit diesen faszinierenden Geschöpfen. Am liebsten hätten wir die beiden eingesackt und mitgenommen. Auf dem Campingplatz kam später auch noch ein freches Känguru vorbei und schaute in jede Kiste und Topf. Leider das Ergebnis der vielen Touristen, die die wilden Tiere füttern und sich dabei keine Gedanken über die Konsequenzen machen.
Nach einer schlaflosen Nacht, welche unserem nachtaktiven Fahrgast geschuldet war, verabschiedeten wir uns von dem kleinen paradiesischem Fleckchen Erde und fuhren nach Esperance zurück. Wir hatten mit etwas Mühe herausgefunden, dass es sich um eine einfache Maus handelt und wollten nun im Baumarkt unter anderem eine Falle und eine Kiste für unser Essen kaufen. Im Anschluss entschlossen wir uns, den 40km langen Great Ocean Drive zu fahren (nicht zu verwechseln mit der berühmten Great Ocean Road). Dieser verläuft schleifenförmig, sodass wir am Ende wieder in der Stadt herauskamen. Die Straße windet sich an der traumhaften Küste entlang und bietet unterwegs verschiedene Spots mit tollen Blicken auf das Meer und Zugängen zu einsamen Stränden. Wir konnten einige Surfer in den hohen Wellen beobachten sowie ein paar Anfänger, die fleißig übten.
Wieder in Esperance tätigten wir noch einen größeren Einkauf und deckten uns mit einigen Vorräten sowie genügend Trinkwasser ein. Aufgetankt und mit einem nagelneuen 20l Dieselkanister, der auf unserem Dach deponiert wurde, brachen wir im Dunkeln auf Richtung Norden. Am nächstgelegenen Freecamper machten wir Halt für die Nacht und schliefen in der Nähe von einem Buschfeuer. Die anderen Camper waren jedoch alle entspannt und die Feuerwehr war bereits mit lauten Sirenen ausgerückt. Von dem kleinen Ort Norseman führen drei weitere Straßen ab – eine in den Norden nach Kalgoorlie, eine in den Westen nach Hyden und Wave Rock (diese ist jedoch unbefestigt) und die dritte, also unsere Route, über die Nullarbor Plain nach Südaustralien. Norseman bietet dabei die letzte Möglichkeit, noch einmal günstig zu tanken und einzukaufen, bevor die nächsten 2.700km nur noch teure Roadhäuser folgen werden. Im nächsten Beitrag werden wir euch deshalb erstmal nicht weiter mit Strandbildern nerven.